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Werwölfin Kalix MacRinnalch ist auf der Flucht. Von ihrem Clan geächtet und von Werwolfjägern verfolgt, streift sie durch London. Als sie Unterschlupf bei zwei Fremden findet, scheint Kalix vorerst sicher zu sein. Doch sie kann die Ereignisse der Vergangenheit nicht einfach abschütteln.

 

  Autor: Martin Millar
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
Erschienen: 07/2009
ISBN: 978-3-596-18496-5
Seitenzahl: 752 Seiten


Die Grundidee der Handlung
London: Werwölfin Kalix MacRinnalch streift allein durch die Stadt. Sie hat ihren Vater, den Anführer des Werwolfclans, attackiert – eine unverzeihliche Tat. Nun wird sie nicht nur von mörderischen Werwolfjägern verfolgt, sondern auch von ihren rachsüchtigen Verwandten. Kalix findet jedoch Unterschlupf bei Daniel und Moonglow. Diese werden dadurch in einen Konflikt hineingezogen, der vom schottischen Hochland bis nach London reicht – und noch ein paar Dimensionen weiter. Die Werwölfe rüsten sich zum Krieg um die Führung des Clans, und Kalix steht im Zentrum des Geschehens.


Stil und Sprache
Die Geschichte beginnt zügig. Wir lernen Kalix kennen und auf der 7. Textseite hat sie schon zwei Werwolfjäger, die sie töten wollten, umgebracht. Da sind wir bereits in Kapitel 3 und haben neben Kalix auch schon die Zauberin, ihre persönliche Assistentin Ann und die äußerst erzürnte Feuerkönigin getroffen. An diesem kurzen Einstieg merkt man schon, es gibt unendlich viele Personen und Informationen, die in kürzester Zeit auf den Leser einprasseln. Es gibt Aufzählungen der Mitglieder des Großen Rates, wer wie mit wem verwandt ist, wer den nächsten freien Sitz im Großen Rat erhält und welches Mitglied der Fürstenfamilie daraus den größten Nutzen ziehen kann. Als Leser stand ich diesen ganzen Sachen ziemlich hilflos gegenüber und konnte nur schnell weiter lesen, in der Hoffnung, dass die Werwolfgeschichte jetzt endlich mal in Gang kommt. Das kam sie leider nicht wirklich. Der Autor teilt das Buch in vier Handlungsstränge auf, wovon eigentlich nur zwei auf den ersten Blick etwas miteinander zu tun haben. Da ist Kalix, die von allen gejagt wird und Unterschlupf bei zwei ihr völlig Fremden findet, und der Clan der Werwölfe, der einen neuen Fürsten wählen muss. Einen großen Teil der immerhin mehr als 700 Seiten nimmt die Geschichte von Kalix Cousine ein, die sich um zwei pubertierende Werwolfmädchen kümmern muss, die unbedingt eine eigene Band auf die Beine stellen möchten, und die der Werwolfzauberin, die für ihre Freundin, die Feuerkönigin, Designerkleidung für DAS Ereignis des Jahres entwerfen muss. Auf den letzten 100 Seiten greifen dann endlich alle Handlungsstränge ineinander und es wird richtig spannend. Bis dahin dümpelt die Geschichte so vor sich hin.

Die Geschichte wird in der 3. Person aus sehr häufig wechselnden Perspektiven erzählt. Kaum hat man sich in eine Szene eingelesen, gibt es einen Wechsel und der nächste Handlungsstrang ist dran. Das hemmt doch sehr den Lesefluss, zumal es dem Autor meist nicht gelungen ist, die Spannung, die ohnehin nur mäßig vorhanden ist, über die Wechsel hoch zu halten.
Der Autor bedient sich einer einfachen Sprache mit klaren Sätzen, Verschachtelungen gibt es eigentlich nicht. Ein wenig nerven die häufigen Wiederholungen von bestimmten Sachverhalten. So ist dem Leser durchaus zuzutrauen, sich z. B. die extravaganten Haarfarben der Zwillinge zu merken, nicht, dass die Farben für den Fortgang der Geschichte eine Rolle spielen würden. Es behindert den Lesefluss aber ungemein, wenn diese Informationen immer wieder dann auftauchen, wenn von den beiden Mädchen die Rede ist. Der Autor hat es verstanden, viele Begebenheiten mit einer Prise Humor zu würzen und diese dann auch so zu beschreiben, dass man beim Lesen viel Spaß haben kann. Ich denke da z.B. an aufrecht gehende Werwölfe, die sich bemühen, Dudelsack zu spielen, was mit Pfoten gar nicht so einfach ist. Der running-gag mit dem Kabelfernsehen ist zunächst ganz witzig, nervt dann aber doch, auf die Dauer.


Figuren
Figuren gibt es jede Menge, so viele, dass ich als Leser, gerade zu Beginn, oft den Überblick verloren habe. Hier hat es der Autor vielleicht etwas zu gut gemeint. Es müssen nicht alle familiären Beziehungen einer riesigen Sippe in allen Einzelheiten dargelegt werden.
Der größte Teil der agierenden Figuren sind Werwölfe. Der Autor hat eine Werwolfart geschaffen, die sich von den herkömmlichen Werwölfen unterscheidet. Es gibt welche, die sich immer, wenn sie wollen, verwandeln können und welche, die sich nur bei Vollmond verwandeln. Die meisten müssen sich bei Vollmond verwandeln, einige können diesen Reflex unterdrücken. Das erscheint auf den ersten Blick etwas verwirrend, wird aber im Laufe der Geschichte gut erläutert. Etwas befremdlich fand ich, dass auch die Werwölfe noch sprechen können, natürlich durch die Wolfsschnauze ziemlich undeutlich, und durchaus Heißhunger auf Pizza haben.
Gut dargestellt und für manches Schmunzeln gut, ist die Tatsache, dass auch eine Werwolfsippe, trotz der körperlichen Stärke, die gleichen familiären Schwierigkeiten hat, wie jede normale Familie auch. Es gibt konkurrierende Brüder, Eheleute, die sich auseinander gelebt haben, die Patriarchin der Sippe, die immer noch die Fäden in der Hand hält und die Cousinen, über die man nicht spricht. Geschwister, die sich nicht grün sind, gehen schon mal gerne als Werwölfe aufeinander los.

Die Hauptfigur dieses Buches ist Kalix. Sie hat ziemlich viel von einer pubertierenden Streunerin, die von zu Hause weggelaufen ist. Sie ist zeitweise in einer Trotzphase, drogenabhängig und zeigt border-line-Symptome, ist depressiv, also nicht das, was man sich unter einem erfolgreichen Werwolf vorstellt. Als ob das noch nicht reichen würde, wird sie von Werwolfjägern gejagt und ihr eigener Bruder hat ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt, tot oder lebendig. Ihrer Oma würde es dagegen reichen, wenn jemand Kalix’ Herz in einer Kiste auf den Familiensitz nach Schottland schicken würde. Mit so einer Familie braucht man keine Feinde. Im Laufe der Geschichte gewinnt ihr Charakter an Festigkeit und sie lernt, ganz allmählich, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen. Diese Entwicklung vollzieht sich langsam, aber gut nachvollziehbar für den Leser.

Ihre menschlichen „Gegenstücke“ sind Daniel und Moonglow. Aus diesen beiden bin ich nicht so recht schlau geworden. Sie geraten durch Zufall in diese Werwolfgeschichte und obwohl sie bis dato von der Existenz dieser Geschöpfe keine Ahnung hatten, finden sie sich erstaunlich schnell mit den Begebenheiten ab. Moonglow leidet wohl unter einem Helfersyndrom. Nur so lässt sich erklären, dass sie immer wieder versucht, Kalix zu helfen. Warum sie so darauf bedacht ist, allen immer zu helfen, wird nicht näher erläutert.

Aus Kalix’ reichhaltiger Verwandtschaft treten ihre Mutter, ihre Brüder und ihre Tante, die Werwolfzauberin und Modedesignerin etwas mehr in den Vordergrund. Die Mutter ist einzig darauf bedacht, ihrem jüngeren Sohn Markus die Führung der Sippe zuzuschieben. Der ältere Sohn, Sarapen, hat verständlicherweise etwas dagegen und ein heißer Machtkampf zwischen den Brüdern entbrennt, bei dem jeder versucht, die nötigen Stimmen im Großen Rat zusammen zu bekommen. Diese Motive sind verständlich dargelegt und können gut nachvollzogen werden.

Einen großen Teil der Geschichte nimmt die Feuerkönigin Malveria und ihr Wunsch nach ausgefallener Designerkleidung ein. Sie macht den Eindruck einer neurotischen Diva, die ausflippt, wenn nicht alles nach ihrem Willen geht. Bei einer Feuerkönigin heißt das, dass schon mal einige Teile in Flammen aufgehen können, wenn sie sich zu sehr aufregt. Diese Figur bringt frischen Wind in die Geschichte, auch wenn sie in einem Werwolfbuch zu viel Platz einnimmt. Sie macht einen sehr oberflächlichen Eindruck. Als es aber gegen Schluss auf jede Person ankommt, weiß sie, dass sie an die Seite ihrer Freundin gehört.


Aufmachung des Buches
„Kalix“ liegt als ziemlich dickes Taschenbuch vor. Trotz dieser Dicke ist es gut zu handhaben. Die Schrift ist in der richtigen Größe. Das Cover zeigt die linke Gesichtshälfte einer jungen Frau, Kalix? Darunter stehen in roten Buchstaben der Name des Buches und der Zusatz „Werwölfin von London“. Der Name des Autors steht über dem Titel. Die Rückseite zeigt die bekannte Silhouette von London, mit Big Ben im Dämmerlicht. Darüber eine kurze Inhaltsangabe. Eine ausführlichere Zusammenfassung und ein Kurzportrait des Autors befinden sich auf der zweiten Seite.

752 Seiten Text sind in 236 Kapitel eingeteilt.


Fazit
Martin Millar hat eine Werwolfwelt geschaffen, die sich von anderen Geschichten unterscheidet. Ich habe mich bei pizzaessenden Werwölfen, die auf dem Sofa sitzen und „Sabrina“ gucken, nicht ganz wohl gefühlt. Das ist jedoch reine Geschmackssache.
Insgesamt empfinde ich das Buch als zu lang. Viele Sachen sind zu ausführlich beschrieben und ziehen das Lesen in die Länge. Auch wenn die Handlungsstränge zum Schluss alle ineinander greifen, erwarte ich von einem Buch mit dem Untertitel „Werwölfin von London“ keine seitenlangen Ergüsse über die Modegepflogenheiten bei Feuerkönigs.
Wer sich von diesen Abschweifungen nicht abschrecken lässt, wird mit diesem Buch durchaus vergnügliche Stunden verbringen können.


3 5 Sterne


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