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Gabriel Allon glaubt, alles über Verrat und Tod zu wissen. Als der Ex-Geheimagent die Villa des Schweizer Bankiers und Kunstsammlers Rolfe betritt, ist der Tod schon da – Auguste Rolfe liegt ermordet vor ihm. Allon begreift schlagartig, dass er nicht als einziger Rolfes Tarnung gelüftet hat und dass nun sein eigenes Leben auf dem Spiel steht. Der Verrat, den er begangen hat, führt Gabriel Allon zurück in eine dunkle, gewissenlose Vergangenheit ...

 

Der Englaender  Originaltitel: The English Assasin
Autor: Daniel Silva
Übersetzer: Wulf Bergner
Verlag: Piper
Erschienen: Oktober 2016
ISBN: 978-3-492-24307-0
Seitenzahl: 428 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Die Inhaltsbeschreibung des Verlags eilt den Handlungen des Romans zwar voraus, doch lässt sich nicht viel hinzufügen, möchte man den Inhalt nicht spoilern. Daniel Silva, Journalist und Thrillerautor, verwebt im zweiten Band zu Gabriel Allon ein sensibles Thema mit packender Unterhaltung. Dabei baut er seinen Thriller so auf, dass man ihn auch unabhängig vom ersten Band lesen kann – Vorkenntnisse werden nicht benötigt, wichtige Aspekte erneut erläutert, ohne Leser, die „Der Auftraggeber“ bereits kennen, zu langweilen.


Stil und Sprache
Ein bedeutendes Thema dieses Bandes ist der Kunstraub der Nationalsozialisten im Dritten Reich, bei dem besonders Frankreich ausgeplündert wurde. Durch Julian Isherwood, einen Experten auf dem Gebiet des organisierten Kunstraubs durch Hitlers Schergen, erfährt der Leser wichtige Hintergründe dieses Verbrechens und seiner Auswirkungen bis in die Gegenwart, aber insbesondere auch die Rolle der Schweiz. Ebenso lässt ein heimischer Professor tief in die schmutzige Finanzoligarchie der Schweizer Bankiers und die schamlose Bereicherung während der NS-Zeit blicken. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Schweiz in diesem Roman nicht sehr gut wegkommt und sich deutliche Kritik – auch an der fehlenden Klärungs- und Aufbereitungsbereitschaft – gefallen lassen muss.

Wie schon den ersten Band gliedert Daniel Silva auch diesen Roman in mehrere Teile. Im ersten Abschnitt nimmt er sich Zeit, die Story aufzubauen, bekannte Charaktere wie Gabriel Allon, Ari Schamron oder Julian Isherwood aufmarschieren und die Verhältnisse zueinander klären zu lassen. Neue Personen werden definiert und ihre Hintergründe sowie Bedeutung für die Handlungen herausgearbeitet. An Action hält sich der Autor zunächst zurück, gestaltet die Ereignisse aber dennoch interessant und hält den Leser schon früh bei der Stange. So kommt es zumindest in der ersten Hälfte des Buches immer wieder mal zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die Handlungen verlaufen jedoch eher ruhig. Die Spannung wird vielmehr über sich abzeichnende Bedrohungen sowie die Brisanz der Hintergründe, die sich wie ein Puzzle Stück für Stück zusammensetzen, definiert. Und umso mehr Puzzleteile es werden, umso explosiver wird es. Fluchten vor Auftragsmördern, verstörende Details über die Schweiz im Dritten Reich, aber auch eine Annäherung von Gabriel Allon zu Anna Rolfe ziehen den Spannungsbogen zunehmend an und sorgen für packende Unterhaltung. Richtig turbulent wird es ab dem dritten Teil des Buches, in dem die Ereignisse zu einem regelrechten Katz- und Maus-Spiel werden, bis hinein ins dramatische, aber auch überraschende Finale und den ebenso unerwarteten Epilog.


Figuren
Daniel Silva beherrscht es sehr gut, sowohl Protagonisten als auch Statisten und Antagonisten vielschichtig auszuarbeiten. Bei seinen Figuren gibt es keine deutliche Gliederung in Gut und Böse, sie alle bewegen sich in den Graustufen zwischen Weiß und Schwarz, werden von eigenen Ambitionen getrieben, haben Ecken und Kanten und wirken dadurch sehr dreidimensional.

Im Fokus steht natürlich Gabriel Allon, einer der besten Restauratoren und zugleich Mossad-Agent, jedoch mit einem ausgeprägten Gewissen. Er kann brutal vorgehen, wenn es die Situation nicht anders zulässt, doch behält er sich seine Menschlichkeit und seine Skrupel. Ganz anders der Geheimdienstchef Ari Schamron: „Schamron war außerstande, Kunst zu würdigen. Schönheit fand er nur in einem perfekt geplanten Unternehmen oder der Vernichtung des Feindes.“ (Seite 129)

Gabriel zur Seite steht Anna Rolfe, eine Weltklasse-Violinistin. Ihrem Vater verdankt sie ihren Wohlstand, sie ist jedoch selbstbestimmt und setzt sich ebenso für die Klärung des Mordes an ihm wie auch seiner dunklen Vergangenheit ein. So exzentrisch sie auch sein kann, geht sie doch voll in ihrer Musik auf: „Anna besaß eine spezielle Gabe: die Fähigkeit, alle Störungen auszublenden; die Kraft, sich mit einer undurchdringlichen Sphäre aus Stille zu umgeben, sich in einem Kokon einzuschließen.“ (Seite 333)

Georg Petersen kommt Allon immer wieder in die Quere. Er arbeitet als hochrangiger Ermittler für eine Schweizer Sicherheitsbehörde. Im Kontrast zu Allon wirkt er überkorrekt, unangenehm und zudem absolut skrupellos, um seine Ziele zu erreichen bzw. sein Heimatland zu schützen – dabei versteht er es jedoch, sich nicht selbst die Hände schmutzig zu machen. Dunkle Geheimnisse umranken ihn, aber auch die üblichen Sorgen und Probleme eines Mannes in seiner Position, was ihn bei aller Zielstrebigkeit doch menschlich wirken lässt.

Als weitere Hintergrundfigur spielt dieses Mal „der Engländer“ eine bedeutende Rolle: ein mysteriöser Auftragskiller, der ebenso professionell wie gnadenlos zuschlägt. Daniel Silva baut sorgfältig eine Historie, seine Rituale und andere Aspekte seiner Persönlichkeit auf. Erst gegen Mitte des Romans, aus Quellen verschiedener Geheimdienste, erhält der rätselhafte „Engländer“ in „richtiges Gesicht“. Und weiß immer wieder zu überraschen ...


Aufmachung des Buches
Die von mir besprochene Ausgabe entspricht der eines typischen Taschenbuches: wertig geleimt, doch sonst ohne nennenswerte Ausstattung. Das Cover wirkt sehr unruhig, aber passend zum Thema und zeigt auf Bilderrahmen gespannte Leinwände von hinten, besprenkelt mit dem Blut des ermordeten Auguste Rolfe.


Fazit
„Der Engländer“ ist eine brisante Mischung aus Fiktion und Fakten zur bis heute totgeschwiegenen Rolle der Schweiz im Dritten Reich. Ein ebenso spannender wie unterhaltsamer Agententhriller mit überraschenden Wendungen und großartig ausgestalteten Figuren.


4 5 Sterne


Hinweise
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Backlist:
Band 1: Der Auftraggeber

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