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„Durch Täuschung sollst du Krieg führen.“

Die schwarze Limousine geht in einer grellen weißen Explosion auf, der israelische Botschafter in Paris ist auf der Stelle tot – und die Spur führt Top-Agent Gabriel Allon zurück in seine Vergangenheit, zum tragischsten Moment seines Lebens ...

 

Der Auftraggeber  Originaltitel: The killing artist
Autor: Daniel Silva
Übersetzer: Wulf Bergner
Verlag: Piper
Erschienen: 2001
ISBN: 978-3-492-04183-6
Seitenzahl: 480 Seiten


Die Grundidee der Handlung
Der alternde Ari Schamron wird aus dem Ruhestand zurück an die Spitze des Mossad gerufen, als in Paris ein israelischer Botschafter ermordet wird. Der Mord trägt eindeutig die Handschrift des palästinensischen Topterroristen Tariq al-Hourani. Schamron holt Gabriel Allon zurück in den Dienst und setzt ihn auf Tariq an – ein gefährliches und undurchsichtiges Katz-und-Maus-Spiel beginnt, und Allon bleibt nicht viel Zeit, denn Tariq plant einen finalen Anschlag …

Der Auftraggeber ist der Auftakt zu einer Spionagereihe um den israelischen Agenten Gabriel Allon. Daniel Silva versteht es nicht nur, den Leser mit einer sehr spannenden Erzählung zu fesseln, sondern auch die Ziele der jeweiligen Charaktere raffiniert zu verschleiern – die letzten Teile des Puzzles erfährt der Leser erst ganz zum Schluss.


Stil und Sprache
Daniel Silva hat Der Auftraggeber in mehrere Teile gegliedert. Zunächst eröffnet ein Prolog die Handlungen, dann klärt der erste Teil die persönlichen Hintergründe der Charaktere – neben Allon vor allem auch die von Schamron, dem Chef des Mossad – gibt ihnen Tiefe, Fähigkeiten und Charakterzüge. Ebenso werden in diesem ersten Abschnitt die Grundsteine für die Mission gelegt, die Allon übernimmt. Die Handlungen führen den Leser – besonders in den ersten beiden Abschnitten – durch Europa, dementsprechend sind die durchnummerierten Kapitel gekennzeichnet, und stellt nach und nach weitere Charaktere vor, die eine entsprechende Rolle zu spielen haben. Nach dem Auftakt mit dem Mordanschlag auf den israelischen Botschafter beginnen die Handlungen zunächst ruhig, wenngleich mit einer gewissen Brisanz, nehmen aber zügig an Fahrt auf und halten den Spannungsbogen zunehmend straffer gespannt, bis er schließlich in einem rasanten Finale gipfelt. Den Abschluss bildet ein Epilog.

Daniel Silva hat einen kühlen, logischen und prägnanten Stil, der sich angenehm lesen lässt. Er glorifiziert nicht, sondern stellt offen die Schattenseiten der Geheimdienstarbeit dar: posttraumatische Stresssymptome, Ängste, Unsicherheit, Süchte, körperlicher Verschleiß, moralische und ethische Fragwürdigkeit. Die elegante Coolness eines filmischen James Bond geht ihm dagegen ab. Und gerade diese offene Art macht den Thriller so glaubwürdig, dass der Leser in ihm versinkt.

In langen Gesprächen zwischen dem Palästinenser Jusef und der Jüdin Jaqueline Delacroix, aber auch im Verlauf der Handlungen des dritten Teils baut der Autor geschickt größere Passagen israelisch-palästinensischer Geschichte ein, um auch denjenigen Lesern die Hintergründe von Hass, Gewalt und Gegengewalt näherzubringen, die mit der Entwicklung des Nahostkonflikts der 90er Jahre nicht vertraut sind. Dabei stellt sich Daniel Silva nicht auf eine Seite, vermeidet Schwarzmalerei und zeigt Verbrechen der Israelis ebenso schonungslos wie die der Palästinenser auf. Gerade in Zeiten, in denen die amerikanische Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt des Staates Israel die vermeintliche Ruhe im Nahen Osten erneut erschüttert, ist dieser Thriller – auch 17 Jahre nach der Erstveröffentlichung – aktueller und brisanter denn je.


Figuren
Indem Daniel Silva in Gabriel Allons Gedanken eintaucht und Fragmente seiner Vergangenheit offenlegt, kann man dem israelischen Mossad-Agenten tief in seine Seele blicken. Verschiedene Ereignisse, darunter natürlich der Anschlag auf seine Frau und seinen Sohn, haben ihm tief zugesetzt, verfolgen ihn und lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Diese Züge machen den sonst so professionellen und eiskalten Killer des israelischen Geheimdienstes sehr menschlich. Von Schamron wird er aus seinem selbstgewählten Ruhestand und seiner Arbeit als Restaurator gerissen, um wieder in den Dienst des Mossad gestellt und auf seinen Erzfeind Tariq angesetzt zu werden. Hierfür greift er auf eine ehemalige Geliebte – das Model Jacqueline Delacroix, zugleich Agentenhelferin für Mossad – zurück, die eine gefährliche Rolle übernehmen muss. Ihre Beweggründe arbeitet Daniel Silva sehr gut heraus.

Sein Gegenspieler ist Topterrorist Tariq al-Hourani. Zu Beginn des dritten Teils gibt Daniel Silva Einblick – stellvertretend für das palästinensische Volk – in die Geschichte der Familie al-Hourani, den von israelischen Truppen erzwungenen Niedergang, Tariqs Hass auf die Zionisten und die dramatische Situation der Palästinenser in den 90er Jahren. Einmal mehr verzichtet der Autor auf Schwarzmalerei, auf die Kategorisierung guter und böser Charaktere, sondern gibt auch dem Antagonisten einen individuellen Hintergrund, der seine Taten nicht akzeptieren, wohl aber nachvollziehen lässt. Ähnlich sieht es mit Jusef al-Tawfiki aus: Seine politische Positionierung und seine Handlungen werden mit traumatischen Kindheitserinnerungen im Lager Schatila untermauert, in denen falangistische Truppen im Auftrag der israelischen Armee ein Massaker verursachten.

Ähnlich verfährt Silva mit allen Figuren, ob sie nun kurze oder ausgiebige Rollen spielen. Dieser Stil lässt die einzelnen Personen nicht nur sehr lebensnah erscheinen, auch gefällt mir die neutrale Position des Autors: Er überlässt es dem Leser, Sympathie oder Antipathie aufzubauen und selbst zu entscheiden.


Aufmachung des Buches
Mir liegt Der Auftraggeber als Hardcover-Variante mit Schutzumschlag vor, die 2001 von Piper veröffentlicht wurde und nur noch gebraucht zu haben ist. Seit 2011 bietet Piper den Roman auch als Taschenbuch an, so dass er auch weiterhin erhältlich ist.

Auf dem Schutzumschlag des Buches dominieren die Farben Blau und Gelb und bilden damit nicht nur ein atmosphärisches Bild, sondern ebenso einen Farbkontrast. Das Buch selbst ist dunkelblau gebunden, der Titel in roter Glanzfolie auf dem Buchrücken eingeprägt. Ein Lesebändchen vervollständigt die Aufmachung.


Fazit
Aktueller und brisanter denn je: Daniel Silva verwendet den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern als Auftakt für seinen komplexen Agententhriller zu Gabriel Allon. Der Auftraggeber ist rasant, aber auch kritisch erzählt, die Handlungen fein gesponnen. Klasse!


4 5 Sterne


Hinweise
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