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Duneen liegt wirklich am Arsch der Welt, ganz, ganz unten im Süden Irlands. Große Dramen finden in dem schmucken, kleinen Ort nicht statt, und trotzdem könnten viele Leute hier ein bisschen glücklicher sein. Sergeant PJ Collins war nicht immer so dick. Brid Riordan hat früher nicht so viel getrunken. Und auch Evelyn Ross glaubte einmal, ihr Leben könnte einen Sinn haben. Dann kommt der Tag, an dem auf dem Grund der Burke-Farm Knochen gefunden werden. Menschliche Knochen. Und es ist vorbei mit der Ruhe, für PJ und einige andere in Duneen. Alte Wunden brechen auf, alte Lügen gelangen ans Licht, neue Konflikte entbrennen, und während PJ zum ersten Mal in seiner Karriere einen richtigen Fall zu lösen versucht, überrascht er viele, die ihn zu kennen glaubten – am meisten sich selbst.

 

Ein irischer Dorfpolizist 

Originaltitel: Holding
Autor: Graham Norton
Übersetzer: Karolina Fell
Verlag: Kindler
Erschienen: 08/2017
ISBN: 978-3463406909
Seitenzahl: 336 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
„Es war in der Einwohnerschaft von Duneen weitgehend akzeptiert, dass, sollte ein Verbrechen geschehen und es Sergeant Collins gelingen, den Täter festzunehmen, dieser Verhaftung wohl kaum eine Verfolgung zu Fuß vorausginge. Die Leute mochten ihn durchaus, und es gab im Grunde keine Beschwerden, aber es sorgte dennoch für einige Beunruhigung, dass die Sicherheit im Dorf von einem Mann abhing, dem schon beim Gang zur Kommunion der Schweiß ausbrach.“

So beginnt Graham Nortons erster Roman und dieser erste Absatz zeigt direkt, in welche Richtung es geht: PJ Collins ist nicht nur übergewichtig, er ist dick. Sehr dick. Und das ist der Grund, weshalb ihm niemand wirklich zutraut, ernsthafte Polizeiarbeit zu leisten. Meistens muss er das ja auch nicht, denn in Duneen passiert normalerweise nichts. Normalerweise. Aber dann wird alles anders, denn Bauarbeiter stoßen auf menschliche Knochen und praktisch jeder im Dorf weiß, um wessen Gebeine es sich handeln muss. PJ ist gezwungen zu ermitteln, denn auch wenn er Unterstützung aus Cork bekommt, er ist derjenige mit den Kenntnissen über Menschen und Umstände in Duneen. Doch auch für ihn offenbart sich Erstaunliches, denn die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen…

Was auf den ersten Blick wie ein reinrassiger Krimi erscheint, ist in Wahrheit viel mehr: Ein liebevoller Roman über Menschen, Liebe, Einsamkeit, Lügen und Missverständnisse verbirgt sich hinter dem etwas nichtssagenden Titel. Es gibt zwar eine Krimihandlung, aber die tritt deutlich zurück hinter der Geschichte der Menschen von Duneen. Wunderbar!


Stil und Sprache
Graham Norton ist ein bekannter Comedian, Schauspieler und Talkmaster im englischsprachigen Raum und „möglicherweise war es Verschwendung, dass der Mann die ganzen Jahre im Fernsehen war.“ – so schrieb die „Irish Times“ und ich neige dazu, mich dieser Meinung anzuschließen. Mit ganz feinem Humor und in leisen Tönen hat Norton seine Geschichte zu Papier gebracht, lässt seine Leser lächeln über PJ, ohne ihn dabei lächerlich zu machen. Die große Liebe zu seinen Figuren spricht aus jeder Zeile und erzeugt nach ein bisschen Eingewöhnungszeit einen ungeheuren Sog, der einen das Buch kaum zur Seite legen lässt.

Natürlich gibt es auch eine Krimihandlung, auf Spannung legt Norton aber wenig Wert und so plätschert die Ermittlung lange vor sich hin und der Fall wird eher beiläufig gelöst, auch wenn es zum Ende hin sogar eine aufregende Autofahrt gibt. Insgesamt geht es aber eher ruhig zu und Thriller-Liebhaber werden vermutlich etwas enttäuscht sein.


Figuren
PJ Collins ist natürlich der Hauptakteur, aber eigentlich will er das gar nicht sein. Ständig unsicher und zurückhaltend bis schüchtern, stellt es ihn vor enorme Probleme, auf Menschen zuzugehen und sie womöglich polizeilich befragen zu müssen.  Er weiß genau, was die Dorfbevölkerung von ihm hält – zumindest glaubt er das. Dabei gibt es durchaus Menschen, die ihn anders einschätzen als er sich selbst, zum Beispiel Evelyn Ross und Brid Riordan, jede auf ihre Weise. Wie PJ quasi zwischen die beiden Frauen gerät, das ist wunderbar schwarzhumorig zu lesen und doch irgendwie liebevoll. Evelyn Ross ist die jüngste von drei Schwestern, die ein merkwürdiges Leben in ihrem alten Elternhaus führen, Brid Riordan die unglückliche Frau eines langweiligen Mannes, beide halten ihr Leben für verschwendet, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Einige interessante Nebenfiguren gibt es natürlich auch noch, allen voran PJs Haushälterin Mrs. Meany und Evelyns Schwestern Florence und Abigail. Aber auch Linus Dunne, seines Zeichens Chefermittler aus Cork, hat seine Momente und wirkt wie die gesamte Besetzung dieses Romans vollkommen authentisch. Bitte gerne mehr davon!


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Schutzumschlag die Hauptstraße des Dörfchens Duneen im Dämmerlicht. Hinter einem erleuchteten Fenster kann man schemenhaft einen sehr dicken Mann erkennen, augenscheinlich Sergeant PJ Collins in seiner Polizeiwache. Ein Lesebändchen komplettiert die hochwertige Aufmachung.


Fazit
Ein wunderbarer Roman mit absolut liebevoll gezeichneten Figuren, der weit mehr ist als ein Krimi. Eines meiner Lesehighlights in diesem Herbst!


5 Sterne


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