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Eine Welt in Trümmern. Ein Kind ohne Familie. Eine Frau auf der Suche nach Wahrheit.

Steineklopfen, Altmetallsuchen, Schwarzhandel. Der 14-jährige Hanno Dietz kämpft mit seiner Familie im zerstörten Hamburg der Nachkriegsjahre ums Überleben. Viele Monate ist es bitterkalt, Deutschland erlebt den Jahrhundertwinter 1946/47. Eines Tages entdeckt Hanno in den Trümmern eine nackte Tote – und etwas abseits einen etwa dreijährigen Jungen. Der Kleine wächst bei den Dietzens auf. Monatelang spricht der Junge kein Wort. Und auch Hanno erzählt niemandem von seiner grauenhaften Entdeckung. Doch das Bild der toten Frau verfolgt ihn in seinen Träumen. Erst viele Jahre später wird das einstige Trümmerkind durch Zufall einem Verbrechen auf die Spur kommen, das auf fatale Weise mit der Geschichte seiner Familie verknüpft ist…

 

Truemmerkind 

Autor: Mechtild Borrmann
Verlag: Droemer
Erschienen: 10/2016
ISBN: 978-3426281376
Seitenzahl: 304 Seiten

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Die Grundidee der Handlung
Hanno Dietz ist der Mann im Haus, seit sein Vater vermisst wird. Zusammen mit seiner Mutter und der kleinen Schwester haust er im zerstörten Hamburg und hält die Familie mit Schrottsammeln über Wasser. Als er eines Tages – wie schon so oft – auf eine Leiche trifft, ist etwas anders als sonst. Diese Frau ist nicht einfach erfroren. Der kleine Junge, den Hanno und seine Schwester Wiebke in der Nähe finden, scheint wohlhabender Herkunft zu sein, spricht aber kein Wort und ist offenbar allein. Die Dietzens nehmen ihn zu sich und er wächst als Agnes‘ Sohn auf. Erst sehr viel später erfährt er, dass er genau das nicht ist…

Die Uckermark in den 90er Jahren: Anna ist auf der Suche nach ihrer Vergangenheit. Ihre Mutter hat über den Krieg und die Zeit danach immer beharrlich geschwiegen und Anna ist sicher, dass sie etwas zu verbergen hat. Aber wie groß das Geheimnis ist, das ihre Mutter zu bewahren sucht, ahnt sie nicht – bis sie auf Joost Dietz trifft, der als Architekt den ehemaligen Gutshof ihrer Familie umbauen soll…

Eine Mordgeschichte und auch doch wieder nicht, das ist „Trümmerkind“. Die Identität der toten Frau und weiterer Ermordeter aus dem Jahr 1947 spielt lange Zeit nur am Rande eine Rolle. Spannend ist das Ganze trotzdem, auch wenn man als Leser relativ schnell eine Ahnung hat, was genau damals passiert ist. Eine faszinierende Familiengeschichte, die sich als ausgesprochener Schmöker erweist.


Stil und Sprache
Mechtild Borrmann gelingt es mit einer nüchternen, aber zugleich eindringlichen Schreibweise, ihre Leser von Anfang an mitten hinein zu nehmen ins Hamburg von 1946/47. Man ist sofort unterwegs mit Hanno und Wiebke in den Trümmern, friert mit ihnen, wenn das Brennholz zur Neige geht und freut sich mit ihnen über etwas Gutes zu essen. Gerade atmosphärisch ist dieser Erzählstrang ganz besonders und fasziniert über alle Maßen.

In den 90er Jahren ist andererseits Anna Meermann auf der Suche nach ihrer Vergangenheit und vor allem der ihrer Familie. Dieser Erzählstrang fesselt nicht in dem Maße wie der um Hanno und Joost, hat jedoch auch seinen Reiz.

Und dann gibt es noch die letzten Kriegsjahre, aus denen ein wenig aus der wechselvollen Geschichte der Familie Anquist berichtet wird. Hier hat vor allem Clara das Sagen, allerdings kommt hier die Atmosphäre etwas zu kurz und die genauen Umstände von Kriegsende und Flucht geraten etwas knapp. Alles zusammen ergibt dennoch eine flüssig erzählte, glaubwürdige Geschichte, die man am liebsten in einem Rutsch durchlesen würde.


Figuren
Hanno ist ein Kriegskind, schon früh muss er lernen, zu überleben und den Mann im Haus zu ersetzen. Trotzdem bewahrt er sich neben aller Härte, die er im täglichen Überlebenskampf beweisen muss, eine starke Sensibilität und ein großes Verantwortungsbewusstsein. Seine Mutter Agnes möchte ihn zwar beschützen, das gelingt ihr allerdings nur begrenzt, denn immer wieder tauchen neue Probleme auf, die ihre Existenz bedrohen.

Clara Anquist und ihre Familie werden im Gegensatz zu Familie Dietz weit weniger detailliert gezeichnet, einige von ihnen wirken sogar etwas hölzern und eindimensional. So erscheint etwa der Selbstmord von Claras Schwägerin Isabell nur wenig berührend und perlt an allen Beteiligten ab wie eine folgerichtige Entscheidung, mit der jeder gerechnet hat.

Dafür ist man als Leser Anna Meermann wiederum recht nahe, die lange mit sich hadert, ob sie überhaupt genau wissen will, wer ihre Familie war. Sie wird etwas genauer gezeichnet, wenn auch nicht so intensiv wie Hanno und Agnes, die eigentlichen Protagonisten. Nebenfiguren gibt es darüber hinaus in begrenzter Zahl, sie werden in der der Detailtiefe dargestellt, die sie benötigen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.


Aufmachung des Buches
Das gebundene Buch zeigt auf dem Schutzumschlag eine sepiafarbene Ansicht von zerbombten Häusern, davor läuft ein kleiner Junge auf der menschenleeren Straße. Innen gibt es 33 nummerierte Kapitel und einen kurzen Epilog. Ein Lesebändchen vervollständigt die hochwertige Aufmachung.


Fazit
Trümmerkind ist eine gelungene Mischung aus Krimi und Kriegsgeschichte, spannend und faszinierend von der ersten bis zur letzten Seite. Klare Leseempfehlung von mir!


4 5 Sterne


Hinweise
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