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Als sein Intercity gewaltsam zum Stehen kommt, ahnt Jonas Brand noch nicht, in welches Abenteuer er gerade gerät. Die Weiterfahrt ist blockiert, draußen liegt ein Toter. Brand schultert die Kamera, hält die beklemmende Situation fest und befragt die Mitreisenden. Er ist freischaffender Videojournalist, der allerdings von Höherem träumt: Er möchte Filme machen - wenn ihm nur jemand eine Chance geben würde. Drei Monate später spielt ihm der Zufall wieder etwas Seltsames in die Hände: zwei Hundertfrankenscheine mit identischer Seriennummer - beide eindeutig echt. Und dann wird Brands Wohnung durchwühlt und er selbst auf offener Straße zusammengeschlagen und beraubt. Jemand soll offenbar eine Ungereimtheit aus der Welt schaffen - und damit zugleich Zweifel an der Glaubwürdigkeit einiger staatstragender Persönlichkeiten.

 

Montecristo HB 

Autor: Martin Suter
Sprecher: Wanja Mues
Verlag: Diogenes Hörbuch
Erschienen: 03/2015
ISBN: 978-3-257-80362-4
Spieldauer: 451 Minuten, 6 CDs; ungekürzte Lesung

 


Die Grundidee der Handlung
Das Leben von Jonas Brand mutet manchmal an wie ein Zufallsprodukt. Sein Beruf als Videojournalist ist eher zufällig, da es für den großen Traum von der Kinoregie nicht gereicht hat. Sein Herzensprojekt "Montechristo" wurde stets abgelehnt. Dass er jetzt überwiegend im Boulevardbereich arbeitet, ist einem Zufall zu verdanken und so verwundert es auch nicht, dass es gleich mehrere Zufälle sind, die ihn in das größte und gefährlichste Abenteuer seines Lebens stolpern lassen: Zunächst sitzt er im Zug, als ein Fahrgast auf die Gleise stürzt und hält die Situation wiederwillig fest. Wenig später hält er - was eigentlich unmöglich sein sollte - zwei 100-Franken-Scheine mit identischer Seriennummer in der Hand. Ungläubig geht er zu seiner Bank, die ihm bestätigt, das beide Noten echt sind. Da es sich um Raritäten handelt, bewahrt er sie an einem sicheren Platz auf. Wenig später kommt Jonas in Kontakt mit der Witwe des Selbstmörders, die überzeugen begründet, warum sie nicht an Suizid glaubt. Als Jonas seinen Freund Max Gantmann trifft, einen ehemaligen Börsenjournalisten der Schweizer Fernsehens, der nach dem Tod seiner Frau verwahrloste und Bildschirmverbot bekam, ahnt er nicht, in welches Wespennest er sticht und auch nicht, dass es Menschen gibt, denen absolut jedes Mittel recht ist, um ihr Geheimnis zu bewahren...

Auch dieser Suter ist "am Puls der Zeit" und hat auch jetzt nichts von seiner Brisanz und seiner Aktualität verloren. Dass ein kleines, zufälliges Ereignis, das es eigentlich gar nicht geben darf, einen derartigen Aufruhr auslöst, ist gut und schlüssig dargelegt. Auch die Person Jonas Brand ist gelungen. Auf der einen Seite ein eher "kleiner Fisch" in der Medienwelt, mit wenig Selbstvertrauen, auf der anderen Seite eben auch mit einem Beruf ausgestattet, der vieles möglich macht. Auch der innere Konflikt des Protagonisten überzeugt: Den Traum weiterverfolgen oder doch investigativer Journalist sein und werden? Die Geschichte im Bankenmilleu anzusiedeln zeugt von Suters Zeitgeist und auch die dort handelnden Personen sind in ihrer gesamten Bandbreite von skrupellos bis menschlich gut getroffen. Am Ende dieses Hörbuchs bekommt der Begriff "systemrelevant" eine ganz neue Bedeutung. Lediglich die Leichtigkeit, die Suter sonst für mich auszeichnet, ist diesmal abhandengekommen zumindest etwas. Aber auch dieser Roman ist in der Hörbuchfassung sprachlich unglaublich präzise und gelungen.


Darstellung des Hörbuchs
Das Hörbuch wird gelesen von Wanja Mues. Seine Stimme ist weich und sanft, aber deutlich heller als die von Gert Heidenreich, der viele Suter-Lesungen vertont hat. Insgesamt trifft er immer einen guten Ton und es ist ein Vergnügen ihm zuzuhören. Leider verzichtet er weitgehend auf stimmliche Varianz zur Unterscheidung der Personen. Um  der Handlung zu folgen ist das kein Problem, etwas mehr stimmliche Unterscheidung hätte ich mir dennoch gewünscht. Was der Sprecher hervorragend transportiert sind die Untertöne. Der Hörer ahnt sofort, wer vor nichts zurückschreckt und wer vielleicht doch noch sein Gewissen entdeckt. Auch die Stimmung in der jeweiligen Situation vermittelt er auf sehr angenehme Weise. Jonas Brands Gefühlschaos zwischen Euphorie und Beklemmung, zwischen Liebesglück und Todesangst wird erlebbar, ohne überreizt zu werden. Eine sehr gute Lesung mit minimalen Abzügen.


Aufmachung des Hörbuchs
Das sechs CDs umfassnde Hörbuch wird im verlagstypischen Papp-Schuber zum Aufklappen präsentiert. Auf der Vorderseite sieht man neben dem Cover, das dem der Buchausgabe entspricht und etwa 3/4 des Platzes bedeckt, noch einen Auszug aus einer Rezension des Titels im Mitteldeutschen Rundfunk. Das Cover-Motiv zeigt die vietnamesische Muttergottheit Mau. Auf der ersten Innenseite gibt es Informationen zu Autor und Sprecher. Ausführlich, passend und selbstverständlich mit Fotos. Dann folgt eine Übernahme, der ersten zwei Seiten aus dem Buch,die auch eine Widmung des Buches enthalten. Alle weiteren Angaben zum Copyright folgen. Die letzte Innenseite ist Hinweisen auf weitere Werke von Martin Suter im Diogenes-Verlag vorbehalten. Die Rückseite des Booklets enthält eine ausführliche Danksagung Martin Suters an berühmte schweizer Persönlichkeiten, die ihm bei der Entstehung des Buches geholfen haben. Die CD-Hüllen greifen das Cover erneut auf, die CDs sind in gewohnt ruhigem Schwarz-Weiß gehalten. Sehr solide, übersichtliche und kundenfreundliche Aufmachung.


Fazit
Wieder einmal ein gelungener Roman von Martin Suter, dem allerdings die mir so sympathische Leichtigkeit etwas fehlt. Trotzdem bleibt Suter an heißen und aktuellen Themen der Gesellschaft und stellt sie sehr anschaulich dar. Ohne Zeigefinger, aber stets mit Nachhall. Das  ist für mich eine der größten Stärken seiner Bücher.


4 5 Sterne


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