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Ein Mann wird in seiner Wohnung in Reykjavik ermordet aufgefunden. Auf seinem Schreibtisch liegen Zeitungsausschnitte aus den Kriegsjahren, die von einem brutalen Mord berichten: Ein Mädchen wurde damals mitten in der Stadt erdrosselt, dort, wo zu jener Zeit das Lager des amerikanischen Militärs war. Konrad, ein pensionierter Polizist erfährt davon, und seine Neugier erwacht. Er hatte schon früher von dem ermordeten Mädchen gehört - aber warum sollte jemand Berichte über ihren Tod so lange aufbewahren?

 

Schattenwege HB 

Originaltitel: Skuggasund
Autor: Arnaldur Indriðason
Übersetzer: Coletta Bührling
Sprecher: Walter Kreye
Verlag: Lübbe Audio
Erschienen: 11/2015
ISBN: 978-3-7857-5148-0
Spieldauer: 308 Minuten, 4 CDs; gekürzte Lesung


Die Grundidee der Handlung
Als die beiden Polizisten durch eine Nachbarin zur Wohnung eines beinahe 90-jährigen Mannes gerufen werden, weil die Nachbarin ihn mehrere Tage nicht gesehen hat, deutet alles auf einen traurigen Routineeinsatz hin. Tatsächlich scheint der Mann im Schlaf gestorben, nachdem er sich eigentlich nur für ein kurzes Nickerchen hatte hinlegen wollen, ein Tod, wie ihn sich so viele wünschen. Wäre da nicht dieses winzige, verstörende und bestimmt bedeutungslose Detail: Warum ist der Schreibtisch voll mit Zeitungsausschnitten über ein Verbrechen, das noch in den Kriegsjahren geschah? Tatsächlich ist der alte Mann erstickt worden, wie die Routineuntersuchung durch die Gerichtsmedizin ergibt. Warum sollte jemand einen alten Mann umbringen? Liegt das Motiv in der Vergangenheit? 1944 war ein junges Mädchen ermordet worden. Schnell fällt der Verdacht auf einen Soldaten, denn der Fundort war der Treffpunkt für ungestörte Liebeleien zwischen isländischen Frauen und US-Soldaten. Doch seine Spur verliert sich und als ein zweiter Verdächtiger bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt, wird die Akte des nun beinahe 70 Jahre zurückliegenden Falls geschlossen. Musste der alte Mann etwa sterben, weil ihm dieses Verbrechen keine Ruhe ließ? Konrad, ein länger pensionierter Polizist, der schon früher von dem Fall des toten Mädchens gehört hatte, begibt sich auf die Suche nach Zusammenhängen und Motiven. Was er entdeckt, ist ein über Generationen währendes Familiengeheimnis, das dunkler und mystischer ist als die isländische Nacht.

Der neue Krimi von Arnaldur Indriðason ist außergewöhnlich. Nicht nur deshalb, weil er versucht zwei Verbrechen miteinander zu verweben, die beinahe eine Menschengeneration auseinander liegen, sondern auch, weil er zwei Polizistengenerationen miteinander verbindet und moralische Fragen stellt, die nachhallen: Wie weit würde man gehen, um die Familienehre zu schützen? Kann die nächste Generation ohne Schuld sein? Und, ist die irdische oder die himmlische Gerechtigkeit die "angemessenere" in einer solchen Situation? Mich überzeugt die Idee in sehr großen Teilen, weil es Herrn Indriðason erstaunlich einfühlsam gelingt, die beiden Handlungsstränge zu verweben und auch die von mir erwähnten moralischen Fragen leise und ohne "erhobenen Zeigefinger" gestellt werden. Die Zusammenhänge sind plausibel und gut nachvollziehbar, oft nur in winzigen Puzzleteilen, oft in unerwartet großen Schritten. Welchen Einfluss die Kürzungen des Hörbuchs auf den von mir beschriebenen Effekt haben, vermag ich nicht zu sagen.


Darstellung des Hörbuchs
Walter Kreye und Arnaldur Indriðason, das passt immer besser. Diese Lesung zu beschreiben, ist nicht einfach und dennoch kam mir beinahe augenblicklich ein Wort in den Sinn: Einfühlsam. In jeder Minute der Lesung versteht es Herr Kreye, sich in die Stimmung dieses Buches hineinzuversetzen. Da ist dieser seltsam anmutende Frieden, als der alte Mann tot im Bett entdeckt wird, das Verstörende der Zeitungsartikel, Da sind die immer größer werdenden Zusammenhänge, dieser aufreizende Bezug zur isländischen Mythologie und da ist Konrads unbändiger Drang nach Gerechtigkeit, selbst wenn die Menschen, denen sie wiederfährt, schon lange tot sind. All das bringt Herr Kreye stimmlich hervorragend zum Ausdruck. Dabei setzt er weniger auf stimmliche Veränderungen oder Anpassungen in der Lautstärke. Sein Mittel der Wahl sind eher Wechsel im Sprachduktus und eine gekonnt eingesetzte Betonung. Ich habe die Lesung mit großem Vergnügen gehört, denn es ist ein Leichtes, ihr zu folgen und Personen, Handlungsstränge und Zeitachsen sind jeder Zeit unterscheidbar.


Aufmachung des Hörbuchs
Das Covermotiv ist diesmal ein von beiden Seiten mit Wasser umgebener Pfad, auf dem eine nur schattenhaft von hinten zu erkennende Gestalt spaziert, die sich auf eine Wegbiegung zubewegt. Am Himmel kreist, sehr tief fliegend, ein Vogelschwarm. Weg und Wasser werden dabei einzig durch große Felssteine zu beiden Seiten getrennt. Eine irgendwie seltsame Mischung zwischen Entspannung und Bedrohung stellt sich beim Betrachten des Covers ein. Autorenname in Schwarz und Buchtitel sowie Sprechername in unterschiedlichen Rottönern vervollständigen das Cover. Im Inneren des Hörbuchs findet man zunächst eine Biographie des Autors und des Sprechers mit auffallend, aber angenehm großen Farbfotos der Personen. Klappt man das Hörbuch weiter auf, so findet man unterhalb der ersten CD alle Angaben zum vorliegenden Hörbuch, unter der zweiten Hinweise zur Aufnahme des Hörbuchs und unter den verbleibenden zwei CDs Hinweise auf ein weiteres Werk des Autors, sowie eine weitere Produktion des Verlags. Wenn man die letzten beiden CDs herausnimmt, so bekommt man den Klappentext des Werkes zu lesen, auf das unterhalb verwiesen wird, ein hoher Wiedererkennungswert mit vorangegangenen Titeln des Autors.


Fazit
Ein guter Island-Krimi, den man gern hört. Für Fans ein Muss, für Neueinsteiger möglich, aber nicht der beste Indriðason.


4 Sterne


Hinweise
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